Besuch der ESA

Die Teleskop-Teens-Truppe zu Besuch im technischen Herz der ESA.

Im Mai des vergangenen Jahres ist die Jugendgruppe der Bodensee-Sternwarte (Teleskop-Teens-Truppe) mit ihrem RAMOTS-Teleskop eine Deutschlandtour gefahren. Dabei waren wir auch bei der ESA in Noordwijk bei Amsterdam, dem größten Sitz der ESA. In diesem Artikel beschreiben wir unsere Erlebnisse dort, der Bericht der Deutschlandtour wird im VdS-Journal erscheinen.
Nach dem ATT-Besuch folgte das Highlight der ersten Phase der Deutschlandtour des RAMOTS mit einem zweitägigen Besuch des Europäischen Weltraumforschungs- und Technologiezentrums (ESTEC) der Europäischen Weltraumbehörde (ESA).
Wir wurden von unserem Gastgeber Jürgen Beister auf dem Campingplatz herzlich in Empfang genommen. Dieser arbeitet an der Entwicklung europäischer, strahlungsharter Transistoren und Mikrochips für Raumfahrtanwendungen und berät Satelliten-Projektteams zu Zuverlässigkeitsfragen im Halbleiterbereich.
Nach dem Aufbau unserer Zelte haben wir das RAMOTS auf das Gelände des ESTEC gefahren und  im Außenbereich aufgebaut. Daraufhin gab es die Möglichkeit, das Gelände als Gruppe zu erkunden und sich ein wenig umzuschauen. Hierbei konnten Container gefunden werden, in welchen Satellitenteile und zum Teil auch ganze Satelliten für ihren Abtransport zum Weltraumhafen warteten. Besonders freute uns der Fund von Containern aus unserer Nachbarstadt mit Teilen des Solar-Orbiters. Daraufhin wurde ein Forschungslabor besichtigt. Zudem gingen wir auch noch kurz in das Hauptgebäude des ESTEC. Hier bekamen wir eine flüchtige Führung durch einige Arbeitsräume und die Cafeteria. Der Tag endete abends am Strand von Leiden mit feinstem Nordseewetter und ordentlich Wind.

Am nächsten Morgen begann die eigentliche Besichtigung des ESTEC. Diese fand im Rahmen einer „normalen“ Führung statt. Der Gruppenführer war lustig und wusste, wie er uns begeistern konnte. Begonnen haben wir mit einem Film und einer spannenden Präsentation der aktuellen ESA-Projekte und Missionen.
Daraufhin kamen wir in ein Museum, in welchem Relikte vergangener Missionen und ausgetauschte Teile ausgestellt waren. Dies umfasste zum Beispiel Modelle der Ariane 4 und 5, ein Modell der Internationalen Raumstation (kurz  ISS) im Maßstab 1:10 sowie das 1:1 Modell des Columbus-Moduls. Zudem konnte man einen Prototyp des Mars-rovers sowie Teile des Canadarms II betrachten. Es war äußerst surreal, so dicht an Objekten zu stehen, welche man sonst nur im Fernsehen sieht. Diese schossen einst mit unfassbaren Kräften und Geschwindigkeiten durch das Weltall und schlummern nun seelenruhig in dieser Ausstellung. Zum ersten Mal erkannte man die Größenverhältnisse der Dinge, die man unter anderem durch das RAMOTS beobachten kann.
Danach gingen wir durch die verschiedenen Abteilungen des ESTEC. Hierbei bekamen wir unter anderem einen Einblick in die Räumlichkeiten der Projektleitung. Hier erfuhren wir, wie viele Methoden und Arbeitsschritte auf dem langen Weg von der Idee über Forschungsaufträge bis zur startbereiten Mission notwendig sind. Zudem durften wir hochaufgelöste Satellitenaufnahmen der ESTEC betrachten. Auch die tatsächlichen Forschungseinrichtungen und die „Komponentenwerkstatt“ durften wir uns anschauen. So konnten wir blanke Kamerachips und Lasermesseinrichtungen begutachten. Zudem waren wir in zwei besonderen Laboren.
In einem wurden die empfindlichen Komponenten mit Hilfe von Gamma-Strahlung getestet. Nebst Satellitenelektronik wandern auch mal Playmobil-Männchen vor die Cobalt-60 Strahlungsquelle. In einem anderen Labor stand ein sehr lauter Kühler, neben welchem Sonnenschutzfolie produziert wird. Diese wird für Sonnenantriebe oder zum Beispiel für den Sonnenschutz des James Webb Teleskops genutzt. Auch den Ort, an dem fehlerhafte Satellitenteile bis auf molekularer Ebene hin auf eventuelle Einschläge untersucht werden, haben wir gesehen. Diese Einschläge können durch freie Elementarteilchen oder andere Fehlerquellen wie Strahlung ausgelöst werden. Auch die Gänge zwischen den Stationen hinterließen einen bleibenden Eindruck. Wir entdeckten ein Solarmodul des Hubble-Teleskops, viele 3D-gedruckte Modelle von aktuellen Missionen und sogar einen nistenden Schwan am Teich. Das Solarmodul weist beispielsweise kleine Löcher auf, welche auf Treffer durch kleinste Mikropartikel zurückzuführen sind.


Gruppenbild vor einem Rover

Pünktlich zur Mittagspause teilte sich die Gruppe auf, um in zwei Schichten zu Mittag zu Essen, während der Rest der Gruppe das RAMOTS in Betrieb nahm. Dann konnten wir endlich zeigen, was das RAMOTS so alles kann. Den interessierten Mitarbeitern der ESA erklärten wir die Funktionen des Teleskops und konnten anhand des naheliegenden Flughafens Amsterdams viele Flugzeuge nachführen und auf den Bildschirmen groß präsentieren. Hierbei schauten einige nur interessiert zu und andere nutzten die Chance, das RAMOTS selbst zu bedienen. Die Wissenschaftler und Ingenieure, die durch ihre Arbeit eigentlich einiges gewohnt waren, waren von unseren ISS Bildern und der Livedarbietungen der Flugzeuge ganz schön beeindruckt. Es wurden lange Gespräche geführt, in denen viele detaillierte Fragen gestellt und beantwortet werden konnten. Auch wurden einige Ideen zur Optimierung des RAMOTS eingebracht, welche wir zwischenzeitlich umgesetzt haben. Auch haben uns die Mitarbeiter, im Rahmen ihrer Möglichkeiten direkte Erfahrungsberichte gegeben, wodurch man eine Vorstellung ihrer Arbeit gewann.

Nach der Stärkung des Mittagessens und motiviert durch die guten Gespräche begab sich die Gruppe in einen Konferenzraum. Auf dem Weg entdeckte einer der Schüler ein nahezu original-großes Modell des ESA-Satelliten „Sentinel 2“. Die Besonderheit des Moments besteht in dem Umstand, dass der Schüler zu diesem Zeitpunkt sein Bundesfreiwilligendienst bei einem naturwissenschaftlichen Forschungsinstitut absolvierte und hierbei mit den Daten der „Sentinel 2“ arbeitete. Getoppt wurde dies noch, als wir dann wenig später einem der wissenschaftlichen Leiter dieser Mission gegenüberstanden. Nach dieser Begegnung bekamen wir noch einen Eindruck in das Fachgebiet von Herr Beister. Dieser vermittelte uns die Funktion von Computern im Allgemeinen und den Computerchips des Satelliten bis auf die kleinste Ebene. Dabei hielten wir Proben von monokristallinem Silizium bis hin zu Detektorchips und Prozessoren in der Hand, die bei der Sentinel2- oder der Rosettamission zum Einsatz kamen, erlernten die Probleme mit kosmischer Strahlung und wie man die Chips vor selbiger schützen kann. Dieser Vormittag wurde mit einer Präsentation über zwei der aktuellen großen Erkundungsmissionen anderer Planeten der ESA abgerundet.

Kurz vor dem Ende wurde ein Abstecher in den Merchandise Shop gemacht, so dass wir uns mit „Waren aus der ESA“ ausstatten konnten. Am späten Nachmittag ließen wir den spannenden und erlebnisreichen Tag im Escape ausklingen. Dieser Tag hat sich fest in unser Gedächtnis eingebrannt, und wir möchten allen Beteiligten danken, die uns dieses Erlebnis ermöglicht haben!